Wahlsystem & Wahlrecht der Bundestagswahlen
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Wie funktionieren das Wahlsystem und das Wahlrecht bei der Bundestagswahl? Wer darf wählen oder kann selbst als Kandidat bzw. Kandidatin zur Wahl antreten? Welche Funktion haben Erststimme und Zweitstimme? Was hat sich mit der Wahlrechtsreform geändert und welche weiteren wichtigen Bestimmungen zur Bundestagswahl gibt es? Auf dieser Seite erfahren Sie alles Wissenswerte rund um das Wahlsystem und das Wahlrecht der Bundestagswahl.
Erklärvideo: so funktioniert die Bundestagswahl
Nach welchem Prinzip wird der Bundestag gewählt? (Erststimme und Zweitstimme)

Der deutsche Bundestag wird nach dem Prinzip der „personalisierten Verhältniswahl“ gewählt. Jede Wählerin und jeder Wähler hat dabei zwei Stimmen. Die 2023 beschlossene Wahlrechtsreform bringt einige wichtige Änderungen mit sich, die ab den Bundestagswahlen 2025 zur Anwendung kommen.
Erststimme
Ihre Erststimme geben die Wahlberechtigten für eine Direktkandidatin bzw. einen Direktkandidaten aus ihrem Wahlkreis ab. Wer die meisten Erststimmen in einem der 299 Wahlkreise erhalten hat, steht als Gewinnerin bzw. Gewinner des betreffenden Wahlkreises fest. Anders als bisher ziehen die Gewinnerinen und Gewinner der Wahlkreise allerdings nicht mehr in jedem Fall in den Bundestag ein. Voraussetzung ist, dass das gewonnene Direktmandat vom Zweitstimmenergebnis der jeweiligen Partei gedeckt ist. Überhangs- und Ausgleichsmandate entfallen. Siegreiche Kandidat:innen, deren Wahl durch das Zweitstimmenergebnis der jeweiligen Partei gedeckt ist, werden aber bei der Vergabe der auf die Landeslisten entfallenden Sitze vorrangig behandelt.
Die Direktwahl von Abgeordneten soll eine engere Verbindung zwischen Wähler:innen und Repräsentant:innen ermöglichen
Die Direktwahl von Abgeordneten in Wahlkreisen vor Ort soll dafür sorgen, dass es eine engere Verbindung zwischen den Wähler:innen und Repräsentanten gibt. Wenn der Bundestag gerade nicht tagt, sind Bundestagsabgeordnete häufig in ihrem Wahlkreis unterwegs und beschäftigen sich mit den Problemen vor Ort.
Zweitstimme
Ihre Zweitstimme geben die Wahlberechtigten für die Landesliste einer Partei ab. Wenn beispielsweise Partei A bundesweit 20 Prozent der Zweitstimmen erhalten hat, stehen ihr 20 Prozent der Sitze im Bundestag zu.
Die Zweitstimme ist ausschlaggebend für die Zusammensetzung des Bundestages
Gesetzlich vorgesehen sind künftig 630 Mitglieder des Bundestages (mit dem bisherigen Wahlrecht waren es nominell 598 und faktisch derzeit 735). Ausschlaggebend für die Zahl der Sitze, die eine Partei im Bundestag erhält ist künftig allein ihr Zweitstimmenergebnis.
Was bedeutet die Fünfprozenthürde („Sperrklausel“)?
Die Fünfprozenthürde (oder Fünfprozentklausel) bedeutet, dass nur Parteien in den Bundestag einziehen, die bundesweit mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen erhalten haben. Das Ziel der Regelung ist es, dass nicht allzu viele kleine Parteien in den Bundestag einziehen. Einer Zersplitterung des Parteiensystems soll auf diesem Wege entgegengewirkt werden. Denn dies könnte die Bildung von stabilen Regierungskoalitionen erschweren und die Arbeitsfähigkeit des Parlaments beeinträchtigen.
Kritisiert wird die Fünfprozentklausel, weil Stimmen, die für kleinere Parteien, die bei der Wahl weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erreichen, gewissermaßen verfallen. – Und das sind unter Umständen ganz schön viele. Derzeit liegen die „Sonstigen“ in Umfragen bei rund sieben Prozent. Umgerechnet verbirgt sich dahinter eine niedrige Millionensumme von Wählerstimmen, die bei der Mandatsvergabe mutmaßlich unberücksichtigt bleiben werden.
Wie funktioniert die Stimmenverrechnung (Mandatsverteilung)?
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Über die Sitzverteilung im Bundestag entscheidet das Zweitstimmenergebnis. Alle Parteien, die mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen auf sich vereinen (oder mindestens drei Direktmandate gewinnen konnten), erhalten im Bundestag Sitze im genauen Verhältnis zu ihren insgesamt erzielten Zweistimmen. Bei der Verteilung der Mandate auf die Bundesländer und Parteien kommt ein mehrstufiges Divisorverfahren zum Einsatz, welches nach dem französischen Mathematiker André Sainte-Laguë und einem ehemaligen Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung, Hans Schepers, benannt ist: „Sainte-Laguë/Schepers“. Informationen zum genauen Ablauf der Sitzberechnung bzw. Mandatsverteilung finden Sie hier.
Was sind die Wahlgrundsätze der Bundestagswahl?

Wahlgrundsätze
Demokratische Wahlen sollen Repräsentant:innen mit Legitimität ausstatten (Autorisierungsfunktion). Zusätzlich spielt der Gedanke eine Rolle, dass die Repräsentant:innen der Kontrolle der Wähler:innen unterliegen und diesen gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Um dies zu ermöglichen, legt das Grundgesetz in Art. 38 fünf Wahlgrundsätze fest.
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allgemein
Das Wahlrecht steht allen volljährigen deutschen Staatsbürger:innen zu. Niemand darf wegen Geschlechts, Herkunft, Sprache, Bildung, Konfession, sexueller Orientierung, etc. von der Wahl ausgeschlossen werden. Das Wahlrecht kann nur in seltenen Fällen durch richterlichen Beschluss entzogen werden.
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gleich
Jede Stimme zählt gleich viel. Es gilt das Prinzip „one person – one vote“. Stimmen dürfen nicht gewichtet werden, z.B. nach sozialem Status oder Bildungsgrad („Klassenwahlrecht“).
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geheim
Die Wahlentscheidung ist für Außenstehende nicht erkennbar und Wähler:innen dürfen bei der Wahl nicht beobachtet werden. Niemand soll befürchten müssen, aufgrund der Wahlentscheidung zur Rechenschaft gezogen zu werden.
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direkt
Die Wähler:innen entscheiden mit ihrer Stimme unmittelbar über die Zusammensetzung des Bundestages. Es gibt kein zwischengeschaltetes Gremium wie z.B. das Electoral College („Wahlleute“) bei den US-Präsidentschaftswahlen.
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frei
Die Teilnahme an der Wahl darf nicht unter Zwang erfolgen. Außerdem muss die Möglichkeit gegeben sein, zwischen verschiedenen Parteien oder Kandidierenden (keine Einheitslisten!) mit unterschiedlichen Programmatiken wählen zu können.
Wahlrecht
Wer darf wählen (aktives Wahlrecht)?
Das Recht, sich durch seine Stimmabgabe an einer Wahl zu beteiligen zu können, wird aktives Wahlrecht genannt.
Bei den Bundestagswahlen dürfen alle wählen, die
- die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen,
- volljährig sind,
- seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik wohnen,
- im Wählerverzeichnis der Heimatgemeinde geführt werden und
- nicht durch einen Richterspruch vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.
Ausländische Staatsbürger:innen dürfen nicht abstimmen – EU-Bürger:innen dürfen nur bei Kommunalwahlen mitwählen.
Am 23. Februar 2025 werden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes etwa 59,2 Millionen Menschen innerhalb Deutschlands wahlberechtigt sein. Hinzu kommen im Ausland lebende Staatsbürger, die unter bestimmten Umständen ebenfalls wahlberechtigt sind.
Wie viele der Wahlberechtigten in Baden-Württemberg leben, war Anfang Dezember noch nicht bekannt. Bei der Wahl im Jahr 2021 waren noch rund 7,71 Millionen Menschen in Baden-Württemberg wahlberechtigt. Davon nahmen 5,99 Millionen an der Wahl teil, was eine Wahlbeteiligung von 77,8 Prozent bedeutete (bundesweiter Durchschnitt: 76,6 Prozent).
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Dürfen Deutsche im Ausland wählen?
Deutsche Staatsbürger:innen, die für längere Zeit im Ausland leben und in Deutschland nicht gemeldet sind, das heißt keinen Wohnort in Deutschland bei einer Meldebehörde angegeben haben, werden nicht automatisch ins Wählerverzeichnis aufgenommen. Sie müssen ihre Teilnahme an der Bundestagswahl jedes Mal neu beantragen. Entsprechende Formulare werden auf der Webseite der Bundeswahlleiterin vor der Bundestagswahl zur Verfügung gestellt.
Wahlberechtigt sind deutsche Staatsbürger:innen, die nach ihrem 14. Lebensjahr mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik gelebt haben – dieser Aufenthalt darf außerdem nicht länger als 25 Jahre zurückliegen. Wenn diese Bedingung nicht zutrifft, müssen sie mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik persönlich und unmittelbar vertraut und von ihnen betroffen sein – dafür reicht es nicht, zum Beispiel nur deutschsprachige Medien zu konsumieren.
Bei der Bundestagswahl 2021 waren 128.989 Auslandsdeutsche in das Wählerverzeichnis eingetragen. Rund 80 Prozent der Antragsteller:innen wohnten in Europa. Wie viele der im Ausland lebenden Wahlberechtigten tatsächlich ihre Stimme abgegeben haben, lässt sich nicht feststellen.
Kann man sein Wahlrecht verlieren?
Bei den Bundestagswahlen sind nur wenige deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger vom Recht, wählen zu gehen ausgeschlossen: Und zwar jene Personen, die infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzen.
Mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 2019 wurden die bisherigen Ausschlussgründe des § 13 Nummer 2 des Bundeswahlgesetzes (bezüglich in allen Angelegenheiten Betreuter) und Nummer 3 (bezüglich Personen, die sich aufgrund einer Anordnung nach § 63 Strafgesetzbuch mit § 20 Strafgesetzbuch in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden) für verfassungswidrig erklärt.
Wer kann gewählt werden (passives Wahlrecht)?
Das Recht gewählt zu werden, nennt sich passives Wahlrecht. Wählbar sind diejenigen, die am Wahltag
- die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und
- mindestens 18 Jahre alt sind.
Nicht wählbar sind diejenigen, die
- vom Wahlrecht ausgeschlossen sind oder
- infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen.
Detaillierte Bestimmungen
Detaillierte Bestimmungen
Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um als Wahlbewerberin oder Wahlbewerber teilnehmen zu können:
Wahlvorschläge können von einer Partei oder von Wahlberechtigten eingereicht werden.
Wahlberechtigte können Einzelbewerber:innen für einen Wahlkreis vorschlagen (Kreiswahlvorschlag).
Parteien können in jedem Wahlkreis eine Bewerberin bzw. einen Bewerber vorschlagen (Kreiswahlvorschlag) und/oder Landeslisten einreichen. Jede:r Bewerber:in kann nur in einem Wahlkreis und/oder nur in einem Bundesland für eine Landesliste vorgeschlagen werden.
Die Kreiswahlvorschläge von Parteien, die nicht im Bundestag oder einem Landtag mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen von Wahlberechtigten des Wahlkreises unterzeichnet sein. Ebenso viele Unterschriften bedürfen die Wahlvorschläge von Wahlberechtigten für eine:n Einzelbewerber:in.
Reicht eine Partei, die nicht im Bundestag oder in einem Landtag mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten ist, eine Landesliste ein, muss diese Landesliste von mindestens 0,1 Prozent und höchstens 2.000 der Wahlberechtigten des Bundeslandes unterzeichnet sein.
Kreiswahlvorschläge sind beim zuständigen Kreiswahlleiter, Landeslisten sind beim zuständigen Landeswahlleiter spätestens am 69. Tag vor der Wahl schriftlich einzureichen.
Am 58. Tag vor der Wahl entscheiden Kreiswahlausschuss und Landeswahlausschuss über die Zulassung der jeweiligen Wahlvorschläge.
Hinweis: Für die vorgezogenen Bundestagswahlen Februar 2025 ist aufgrund des knappen Vorbereitungszeitraums mit einer Verkürzung der Fristen zu rechnen. Diese sind zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht bekannt.
Wie erfolgt die Einteilung der Wahlkreise?
Für die Einteilung des Wahlgebiets (in diesem Fall die Bundesrepublik Deutschland) ist die durch den Bundespräsidenten ernannte Wahlkreiskommission zuständig. Die Wahlkreiseinteilung bzw. der Zuschnitt von Wahlkreisen muss aufgrund von Bevölkerungsentwicklungen gelegentlich angepasst werden. Angestrebt wird ein möglichst hohes Maß an Stimmengleichheit: Auf einen bestimmten Anteil der Wahlberechtigten soll jeweils ein Mandat entfallen. Die Bestimmungen zu den Wahlkreisen finden sich im BWahlG §3.
Welche Rechtsgrundlagen gelten für die Bundestagswahl?
Grundgesetz
Grundsätzliche Prinzipien der Bundestagswahl sind im Grundgesetz (GG) festgelegt. Artikel 38 des Grundgesetzes bestimmt die Grundsätze der Wahl (allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim) und Volljährigkeit als Voraussetzung des aktiven und passiven Wahlrechts. Artikel 39 des Grundgesetzes bestimmt die Dauer der Legislaturperiode, nach der der Bundestag neu gewählt werden muss.
Bundeswahlgesetz
Genauere Bestimmungen zu Wahlsystem, Wahlrecht und Wahlablauf findet man im Bundeswahlgesetz. Dort ist beispielsweise festgelegt, wie viele Abgeordnete der Bundestag hat und wie die Stimmen bei der Bundestagswahl in Mandate umgerechnet werden (Paragraphen 1 bis 6). Dort ist auch festgelegt, welche Rolle Bundes-, Landes- und Kreiswahlleiter haben (Paragraphen 8 bis 11). Außerdem finden sich hier detaillierte Bestimmungen zum Wahlrecht und dessen Verlust (Paragraphen 12 bis 15). Bei einer Reform des Bundestags-Wahlrechts wird in der Regel das Bundeswahlgesetz verändert. Die Wahlprinzipien im Grundgesetz bleiben dabei unangetastet.
Bundeswahlordnung
Viele Regelungen zur praktischen Durchführung der Wahlen finden sich in der Bundeswahlordnung. Dort finden sich u.a. Vorschriften zum Wählerverzeichnis, zu Briefwahlen und zur Ausstattung der Wahllokale.
Letzte Aktualisierung: Dezember 2024, Internetredaktion LpB BW