Sitzberechnung

Auf welche Weise wird ermittelt, wie viele Sitze den einzelnen Parteien im Bundestag zustehen? Und welche Rolle spielt dabei die mit dem neuen Wahlrecht eingeführte Regelung der Zweitstimmendeckung von Wahlkreisbewerber:innen (ehemals Direktkandidaten)? Auf der folgenden Seite wird die Mandatsverteilung bzw. Sitzberechnung Schritt für Schritt erklärt.
Wie werden die Sitze im Bundestag berechnet?
Mit der 2023 beschlossenen Wahlrechtsreform kommt es auch zur Änderungen bei der Mandatsverteilung. Die Berechnung der Mandate erfolgt in drei Schritten. Zunächst werden die den Parteien im gesamten Bundesgebiet zustehenden Sitze berechnet (Oberverteilung). Im Anschluss erfolgt die Verteilung der Mandate auf die Landeslisten der Parteien (Unterverteilung). Auf die nach Zweitstimmen ermittelten Mandate werden dann die über die Erststimme gewonnenen Mandate (Wahlkreisbewerber:innen) angerechnet.
So funktioniert die Mandatsverteilung
Berechnung der Sitze erfolgt über Divisorverfahren
Wie viele Sitze den verschiedenen Parteien nach der Bundestagswahl im Parlament zustehen, wird über ein mehrstufiges Divisorverfahren berechnet (seit 2009 kommt das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zum Einsatz). Sowohl bei der Oberverteilung (Schritt 1) als auch bei der Unterverteilung (Schritt 2) werden die jeweiligen Anzahlen der Zweitstimmen für die einzelnen Parteien durch einen gemeinsamen Divisor geteilt. Die sich ergebenden Quotienten werden zu Sitzzahlen gerundet. Der Divisor wird dabei so bestimmt, dass die Sitzzahlen in der Summe mit der Gesamtzahl der zu vergebenden Mandate übereinstimmen. Konkret erfolgt die Bestimmung des Divisors über ein sog. Iteratives Verfahren).
Schritt 1: Oberverteilung
- Die insgesamt 630 Sitze werden gemäß des bundesweiten Zweitstimmenergebnisses an die Parteien verteilt.
Schritt 2: Unterverteilung
- Die in der Oberverteilung für die Parteien ermittelten Sitze werden nun auf die Landeslisten der Parteien verteilt.
- Für die Verteilung maßgeblich ist die in den einzelnen Bundesländern insgesamt erreichte Zahl der Zweitstimmen.
- Je höher die absolute Zahl der Zweitstimmen in einem Bundesland, desto mehr Sitze erhält eine Partei über die Landesliste des betreffenden Bundeslandes.
Schritt 3: Anrechnung der gewonnenen Mandaten in den Wahlkreisen
- Auf die nach Zweitstimmen errechneten Sitze werden die in den Wahlkreisen gewonnenen Mandate angerechnet.
- Um ein Wahlkreismandat zu gewinnen, muss eine Partei im betreffenden Wahlkreis die meisten Erststimmen erreicht haben. Außerdem muss der Sitz durch das Zweitstimmenergebnis der Partei gedeckt sein.
- Um zu bestimmen, welche Wahlkreisbewerber:innen in den Bundestag einziehen, werden in jedem Bundesland die siegreichen Wahlkreisbewerber:innen einer Partei gemäß ihres Erststimmenanteils in absteigender Reihenfolge sortiert.
- Sitze, die nach der Vergabe an die erfolgreichen Kandidierenden noch verbleiben, werden über die Landesliste der jeweiligen Partei vergeben.
Rechenbeispiel zur Sitzberechnung
Auf der Webseite der Bundeswahlleterin findet sich ein Rechenbeispiel, das die Sitzverteilung anhand der Wahlergebnisse der Bundestagswahl 2021 aufzeigt.
Musterberechnung: Sitzverteilung im Deutschen Bundestag 2021 nach neuem Wahlrecht
Achtung: Das Rechenbeispiel datiert zeitlich vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches klarstellte, dass die Grundmandatsklausel bis auf Weiteres Bestand haben muss. Somit fehlt im Rechenbeispiel die Linke.

Wie ist die Sitzverteilung im aktuellen Bundestag?
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Was ist das „Verfahren nach Sainte-Laguë“?
Seit der Bundestagswahl 2009 wird das Berechnungsverfahren „Sainte-Laguë/Schepers“ für die Sitzverteilung im Bundestag angewendet. Bis dahin wurde die Methode „Hare/Niemeyer“ angewendet. Bei „Sainte-Laguë/Schepers“ handelt es sich um eine Abwandlung des Verfahrens nach d’Hondt, bei der die Benachteiligung kleinerer Parteien vermieden wird.
Bei dem Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers werden die Zweitstimmen der einzelnen Parteien durch einen gemeinsamen Divisor geteilt (Divisormethode mit Standardrundung). Die daraus entstehenden Quotienten werden zu Sitzzahlen gerundet: Bei einem Rest von mehr oder weniger als 0,5 wird auf- oder abgerundet; bei einem Rest von genau 0,5 entscheidet das Los. Der Divisor wird dabei so bestimmt, dass die Sitzzahlen in der Summe mit der Gesamtzahl der zu vergebenden Mandate übereinstimmen. Im Falle der Bundestagswahlen ist der Divisor folglich so zu wählen, dass die Summe aller Sitze exakt 630 ergibt.
Formel:
Zweitstimmenanzahl der Partei / Zuteilungsdivisor = Sitzanzahl der Partei (nach Standardrundung)
Ermittlung des Zuteilungsdivisors durch das Iterative Verfahren:
Gesamtanzahl der Zweitstimmen ÷ Gesamtanzahl der zu verteilenden Sitze = vorläufiger Zuteilungsdivisor
Damit die Sitzzahlen mit der Anzahl zu vergebenden Mandate übereinstimmt, wird der Zuteilungsdivisor ggf. herauf- bzw. herabgesetzt, bis die Berechnung in der Summe die zu verteilenden Sitze ergibt.
Standardrundung:
Die Sitzzahl wird bei einem Bruchteilsrest von mehr als 0,5 aufgerundet, bei einem Bruchteilsrest von weniger als 0,5 abgerundet, bei einem Rest von genau 0,5 entscheidet das Los.
Beispiel:
Verteilte Zweitstimmen:
Partei A: 10.000 Stimmen
Partei B: 6.000 Stimmen
Partei C: 1.500 Stimmen
Anzahl der Zweitstimmen insgesamt: 17 500 Stimmen
Anzahl der zu verteilenden Sitze: 8
1. Ermittlung des vorläufigen Zuteilungsdivisors:
17.500 ÷ 8 = 2.187,5 = vorläufiger Zuteilungsdivisor
2. Berechnung der Sitzverteilung:
Partei A: 10.000 ÷ 2.187,5 = 4,57
Ergebnis nach Standardrundung: 5
Partei B: 6.000 ÷ 2.187,5 = 2,74
Ergebnis nach Standardrundung: 3
Partei C: 1.500 ÷ 2.187,5 = 0,69
Ergebnis nach Standardrundung: 1
Bei der Berechnung mit dem Zuteilungsdivisor 2.187,5 entfallen insgesamt 9 Sitze auf die Parteien. Es sind aber nur 8 Sitze zu vergeben. Deshalb muss der Zuteilungsdivisor heraufgesetzt werden, bis die Berechnung der Sitzzuteilung in der Summe 8 ergibt. Das führt zu dem Zuteilungsdivisor von 2.300.
3. Berechung der Sitzverteilung mit neuem Zuteilungsdivisor:
Partei A: 10.000 ÷ 2.300 = 4,35
Ergebnis nach Standardrundung: 4
Partei B: 6.000 ÷ 2.300 = 2,61
Ergebnis nach Standardrundung: 3
Partei C: 1 500 ÷ 2.300 = 0,65
Ergebnis nach Standardrundung: 1
Quelle: Bundeswahlleiter: Wahl-Lexikon: Sainte-Laguë/Schepers
Letzte Aktualisierung: Dezember 2024, Internetredaktion LpB BW